Rüdiger Bertram – Antje Herden – Kai Lüftner

Rüdiger Bertram – Antje Herden – Kai Lüftner

Donnerstag, 19. März 2015

War es doch wieder meine Frisur? oder: Warum ausgerechnet ich? – Christian Tielmann

Am 15. März 2015 fand unsere zweite Lesung in der Galerie Majourie in Köln statt. Leider musste Kai krankheitsbedingt kurzfristig absagen. Für ihn sprang unser Kölner Kollege Christian Tielmann ein und las Kais Texte den Gästen auf Wessi-Art vor. Er machte das sehr bravourös. Und dann schenkte er uns und allen anderen auch noch eine Geschichte. Hier ist sie.


Ich habe „ja“ gesagt. Früher habe ich immer „nein“ gesagt. Habe jede Einladung ausgeschlagen. Aber dann habe ich beschlossen, ein netter Mensch zu werden und deshalb sagte ich ja, weil das einfach netter ist.
Vor allem, wenn ich erst vollgeschleimt werde. Die große Kunst des Vollschleimens ist ja dann erst zur Perfektion getrieben, wenn der Vollgeschleimte so vollgeschleimt wird, dass es ihm egal ist, dass er die Schleimerei bemerkt und der Schleimer, der perfekte Schleimer, genau damit rechnet.
Ich glaube nicht, dass die Worte „genial“, „Autor“, „Mensch“, „intelligent“, „lustig“ und „Sprachgewalt“ schon einmal häufiger über einem Kopf wie dem meinen aus einem Mund wie dem von Rüdiger ausgeschüttet wurden.

Hier die Fakten: Kai Lüftner ist krank und Rüdiger braucht einen Lückenbüßer.

Ich stelle mir den Dialog zwischen Antje und Rüdiger so vor.

Rüdiger: Kai ist krank und kann nicht lesen.

Antje: Der simuliert.

Rüdiger: Ich habe den gelben Schein gesehen.

Antje: Scheiße, scheiße, ich will den Kram von Kai aber nicht lesen. Lieber erschieß ich mich!

Rüdiger: Ich lese weder dein Zeug noch Kais. Wenn du dich erschießt, gehen deine Texte mit dir ins Grab. Dafür werde ich sorgen.

Antje: Dann sagen wir eben ab!

Rüdiger: Geht nicht, ich hab schon das Bier bestellt.

Antje: Wir hängen Kai an den Tropf und er liest eben doch selbst.

Rüdiger: Der Tropf geht aber auf deine Rechnung!

Antje: Du hast doch beim letzten Autorenstammtisch bestimmt irgendeine Flachpfeife unter den Tisch gesoffen, die den Kram lesen kann!

Rüdiger: Die Kölner Flachpfeifen sind etwas trinkfester als du denkst ... obwohl … Christian!

Antje: Wer?

Rüdiger: Christian Tielmann. Perfekt. Eitle Flachpfeife und nicht ganz so trinkfest wie der Rest. Den schleim ich voll. Bis er zusagt. Er muss Kais Kram lesen und wir sind fein raus!

So in der Art muss es gewesen sein.
Denn ich kenne Kai Lüftner nicht persönlich. Und Rüdiger kenne ich auch erst seit ein paar Stammtischen. Aber immerhin waren wir uns bei unserem ersten Treffen gleich einig, dass alle ausnahmslos alle Autoren eitle Affen sind. Erfolgreiche eilte Affen oder erfolglose eitle Affen oder frustrierte, weil nicht noch erfolgreichere erfolgreiche eitle Affen.
Der alte Stratege Rüdiger hat sich das gemerkt. Und er hat mich vollgeschleimt. Nach allen Regeln der Kunst. Jetzt sitze ich hier. Und lese diese Texte. Und nichts, aber auch nichts von dem, was Kai Lüftner ist oder schreibt, hat etwas mit mir zu tun.
Ich bin Wessi.
Ich kann nicht und werde nicht berlinern.
Er hat Tattoos.
Er hat Muskeln.
Ich bin vermutlich der einzige Autor vom Kölner Kinderbuchautorenstammtisch, der das Wort „Homie“ im Duden Band 1 nachschlagen muss.
Ja, es gibt überhaupt nur eine einzige Gemeinsamkeit von Kai Lüftner und mir.
Die Frisur.
Vielleicht war es also doch ganz anders. Rüdiger hat einen neuen Zettel auf dem Bürgersteig gefunden. Darauf stand wahrscheinlich:
- Friseur
- Apotheke
- Friedhof
Wie nett, dass Rüdiger schon beim ersten Wort mein Kopf in den Sinn kam.
Danke, Rüdiger!

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