Sagen wir, der Junge wird sechs.
Sagen wir, er durfte zehn Freunde einladen.
Sagen wir, sie kamen.
Soweit zum Setting, das wir kurzerhand in eine schnucklige, unschuldige Vier-Zimmer-Altbauwohnung mit kleinem Garten am Rande Berlins verlegen.
Und dabei grinsend hinzufügen, dass es regnet.
Verlassen wir nun die neutrale Perspektive des Beobachters und versuchen, uns in eine der handelnden Hauptfiguren hinein zu fühlen.
Sagen wir, es ist der Vater.
Ein sich stoisch in seine Rolle fügender, fürsorglicher und liebevoller Mann mit einem riesigen fleischigen Herzen und dem Gemüt einer Scheibe Toast in Milch. In inniger Liebe Frau und Kind verbunden und der Inbegriff eines harmonieforcierenden Letzten seiner Art.
Jemand, der sein Zuhause liebt. Sein Reich.
Stellen wir uns nun vor, er gleitet, stolpert, rutscht – aufgrund bereits benannter Anlagen – in diese Zu-Hause-Party-Situation aus dem Unvermögen, der Vernunft den Raum zu geben, den sie verdient hätte!
Er hatte von Anfang an die Idee favorisiert, diesen ganzen Wahnsinn in einem Etablissement zu verbringen, das man dafür bezahlt, dass es im Anschluss kernsaniert wird.
Das Argument der Ehefrau war der Garten gewesen, die Option eines kontrollierten Vulkanausbruchs außerhalb des expliziten Wohnraums. In der Nähe, aber außerhalb.
Doch Tief „Montezumas Rache“ spülte alle outdoor-ambitionierten Pläne, wie ja bereits erwähnt, in den Abfluss.
Kinderspiele-Welt.de, unter der Rubrik „Spiele für drinnen“, war relativ zuversichtlich, was innerhäusliche Minderjährigen-Rudel im Feier-Fieber betraf und wartete mit Party-Luftballon-Stuhltanz-Gedöhns auf semisemi-professionellem Level auf.
Um eine lange, laute und allumfassend sehr herausfordernde Geschichte abzukürzen:
Von zwölf Spielversuchen muss man elf als gescheitert betrachten.
Lediglich „Klopapier-Mumie“ kann als Erfolg verbucht werden. Spätestens ab dem Zeitpunkt, als sich besagter Vater hat einwickeln lassen. Müssen.
Doppellagig.
Nach der dritten Vuvuzela-Fanfare direkt ins linke Mittelohr störten ihn die Plastikschwerter hinterm unteren Rippenbogen und die Edding-Nasen-Tamponage auch fast gar nicht mehr.
Irgendwann riss einfach etwas in ihm. Sein Geist brach, die Umgebungsgeräusche verwaberten zu einem phonetischen Zeitloser-Raum-Brei und sein Blick rutschte neben die Spur. Es merkte nur keiner unterm Kackpapier.
Was dann passierte, im Kopf dieses hilflosen Geschöpfes, überfordert einen gesunden mitteleuropäischen Geist.
Auch für mich endet diese kleine Dokumentation genau hier.
Ich kann mich irgendwie erst wieder an eine Stimme erinnern, die fragte: „Sollen wir ihn liegen lassen?“
Und eine andere Stimme, die antwortete: „Bringt ihn für die Sprühspülung der Innenräume doch einfach in den Garten.“
Kleiner Nachtrag 1): Man erzählt sich, dass eine Sondereinsatzgruppe der Berliner Stadtreinigung drei Tage mit den Klopapier-Rolle-Resten dieses Exzesses beschäftigt war.
Kleiner Nachtrag 2): Besagter Vater ist voller Hoffnung, dass die Wohnung binnen weniger Monate wieder nutzbar sein wird.
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